Ende Juli 2022 ging es für eine kleine Gruppe DAV-Erlangen-Mountainbiker unter der Leitung von Imke Wiedemann endlich wieder in die Alpen. In einer Woche wollten sie den Ortler mit dem Mountainbike umrunden.

Die Beschreibung der Tour versprach ganz viel Panorama, tolle Trails, aber auch einiges an Schiebe- und Tragepassagen. Während die Tageskilometer einen eher harmlosen Anschein machten – maximal 65 Kilometer – erwarteten uns an fünf der acht Tage jeweils mehr als 2000 Höhenmeter! Zwei Übergänge in über 3000 Metern Höhe und auch die übrigen Pässe mit meist deutlich über 2000 Metern sollten zudem für viel hochalpines Ambiente sorgen. Für einige Tage hatten wir leichtere Alternativrouten in der Hinterhand, falls Wetter, Pannen oder Fitness das erforderlich machen sollten.

Also los!

Tag 1: Prad (920m) – Vellnair Alm – Sulden, Hotel Nives (1918m)

Christoph chauffierte uns (Martin, Uwe, Imke) und unsere Räder am Montagvormittag staufrei nach Prad im Vinschgau, wo wir seinen Bus für eine Woche stehen lassen konnten.

Radabfahrt 14:30 Uhr bei Sonne. Erst Teer, dann guter Schotterweg, lange und gleichmäßig durch Wald bergauf bis zur Vellnair Alm. Gute Aussicht auf Ortlergruppe. Anschließend etwas Schieben, im Singletrail auf und ab mit Wurzeln und Felsen. Dann Abfahrt mit einigen Spitzkehren, später Schotter und Asphalt nach Sulden. Abends Pizza im Hotel Nives während es anfängt zu regnen. Es regnet noch länger kräftig.

Daten: 1200 Hm, 19 km, 310 Tm (Fahrzeit 2:41 h, unterwegs 3:31 h)

Tag 2: Sulden (1918m) – Seilbahn (600Hm) – Schaubachhütte (2581m) – Madritschjoch (3123m) – Zufallhütte (2265m) – Naturns (540m) – Naturnser Alm (1912m)

Fahrt mit der Gondel auf 2600 Meter. Bis zum Madritschjoch fast ausschließlich schieben. Wetter ist wieder sonnig, der steinige Boden trocknet schnell ab. Höhe ist deutlich zu spüren. Kurze Rast am Madritschjoch, dann kurz herunterschieben / -tragen und immer längere Stücke fahren. Schöner Trail. Bis zur Zufallhütte wird es flacher, kurzer Anstieg zur Hütte. Tolle Aussicht, leckerer Kaiserschmarrn, nettes Personal. Meist recht gut fahrbarer Wanderweg durch lichten Almwald mit wenigen Schiebestücken. Verfallenes Hotel, Zufrittstausee. Straße und Radweg weiter. Teilweise netter Singletrail mit abgeschlossenem Gatter (drüberheben) und dschungelartiger Vegetation. Bei Ruinen Obermontani und Untermontani sehr schöne Singletrail-Abfahrten. Durch Apfelplantagen nach Latsch, Radweg bis Naturns. Kaffee und Kuchen in Bäckerei am Bahnhof. Lange Asphalt- / Schotterauffahrt zur Naturnser Alm (1300m). Erst Sonne und Hitze, dann Regen und Gewitter (wirkte kurz bedrohlich, zog dann wieder ab). Im nachlassenden Regen Ankunft auf Naturnser Alm. Uriges, einfaches Zimmer im Nebengebäude (alles aus Holz), Essen (Kaspressknödel auf Kraut und Salat) und Duschmöglichkeit im Hauptgebäude. Kein Regen mehr in der Nacht.

Daten: 2030Hm, 62 km, 2700 Tm (Fahrzeit 6:20 h, unterwegs 9:08 h)

Tag 3: Naturnser Alm (1912m) – Innerer Falkomai Alm (2050m) – St. Walburg (1100m) – St. Gertraud (1450m) – Kaserfeldalm (1890m) – Rabbijoch (2467m) – Haselgruberhütte (Rif. Stella Alpina Al Lago Corvo) (2425m)

Wechselnd bewölkt. Über Lärchenwald und Almwege auf Alpenrosenweg im Auf und Ab an der Hangkante entlang, holprig und ziemlich anstrengend, zwischen fahrbar bis klettern mit Seilversicherung. Mittag an Innerer Falkomai Alm (Joghurt, Brennesselsirup, Kuchen und Brotsuppe). Abfahrt über Straße und zusätzliche Trail-Varianten ins Ultental nach Walburg. Am Zogglerstausee entlang über Radweg flach nach St. Gertraud. Über Schotterweg Anstieg durch Lärchenwald Richtung Rabbijoch. Noch eine Einkehr an der Kaserfeldalm (Kaiserschmarrn, Kaffee und Kuchen). Dann Anstieg im Regen mit Schieben und Tragen. Gewitter Richtung Tal. Etwas Sonne und Regenbogen. Nach dem Rabbijoch ganz kurze Abfahrt zur Haselgruberhütte. Hütte mit italienischem Flair und vielen holländischen Gästen. Wäschewaschen wegen Platzmangel verschoben.

Daten: 1860 Hm, 42 km, 1340 Tm (Fahrzeit 5:08 h, unterwegs 8:00 h)

Tag 4: Haselgruber Hütte (2425m) – Rabbi (1200m) – Passo Cercen (2623m) – Malga Levi (2253m) – Fucine (1020m) – Vermiglio (1265m) – Passo Tonale, Hotel Residence Dahú (1900m)

Wieder wechselnd bewölkt aber trocken. Hübsche Abfahrt (S2-Trail) ins Val di Rabbi, Fahrweg im unteren Teil mit schönen Abkürzungsvarianten versüßt. Lange Auffahrt zum Passo Cercen, oft anstrengend steil. Ab Malga Cercen meist schieben oder tragen. Oben ist man fast in den Wolken. Abfahrt Cercen sehr gut fahrbar und schön (eingefahren, nicht so verblockt). Unten wieder ein paar Abkürzer (z.T. steile Karrenwege), mittlerweile sonnig und warm. Mittag in Restaurante Il Molino im Pejo-Tal (hübsches, etwas gehobenes Restaurant mit Terasse/Garten), wir wählen experimentierfreudig. Ab Fucine bei Hitze Auffahrt entlang der alten Tonale Straße (alte Militärstraße). Wiesenfahrwege wechselnder Steilheit, gelegentlich schieben, nette Orte am Anfang, sonnig und sehr heiß, Abkühlung im Bach. Kurze Felspassage, durch Wald, vorbei an altem Bunker, dann super Panorama Richtung Presanella-Gruppe bis oberhalb Passo Tonale. Typisches, etwas merkwürdiges Skiort-im-Sommer-Ambiente. Großes Wäschewaschen im geräumigen Familien-Apartment. Riesiges Abend-Buffet und ein kleiner Verdauungsspaziergang durch den Ort.

 Daten: 2410 Hm, 49 km, 2930 Tm (Fahrzeit 5:49 h, unterwegs 8:47 h)

Tag 5: Passo Tonale (1900m) – Rif. Negritella (2000m) – Alta Via Camuna (2280m) – Pezzo (1500m) – Gaviapass, Rif. Bonetta (2621m) – Dosbolon-Trail – Santa Catarina (1740m) – Rifugio Forni (2178m)

 Nutzung Gästekarte für Liftfahrt im Bikepark des Ortes. Glücklicherweise Sondererlaubnis zum Fahren ohne Fullface-Helm. Abfahrt über WL FLOW-Trail. Martin nutzt stattdessen die Zeit, um vom Bikepark-Personal seine Kurbel festschrauben zu lassen. Auffahrt zum Rif. Nigritella und zur Alta Via Camuna, oft sehr steil, einiges zu schieben. Tolle Aussicht wie am Vortag. Sonnenschein. Recht einfache und schöne Abfahrt durch Wiesenhänge nach Pezzo. Mittag im lauschigen Garten der Albergo Pietra Rossa, den wir von der Joe-Route vor vier Jahren in guter Erinnerung hatten. Straßenauffahrt zum Gavia im Revier der Rennradfahrer. Kurz vor Ende der Tunnelumfahrung einsetzender Regen, bald heftig mit Hagel. Im Tunnelende können wir uns unterstellen bis es vorbei ist, nur Martin hatte es noch vor dem Tunnel erwischt. Kaffeepause im Rif. Bonetti am Gaviapass. Nach kurzer Straßenabfahrt Abzweig zum Dosbolon-Trail. Teils knifflig am Hang entlang, zwischendurch beeindruckend über eine Schlucht auf natürlicher Felsbrücke. Technische, aber meist fahrbare Abfahrt nach Santa Catarina. Keine Eisdiele gefunden. Nach kurzer Riegel-Pause Auffahrt zum Rif. Forni. Unterwegs kurz vorm Ziel noch von kräftigem Regen erwischt. Nette Hütte, leckeres Essen. Die ganze Nacht Regen.

Daten: 2180 Hm, 50 km, 2210 Tm (Fahrzeit 5:47 h, unterwegs 8:47 h)

Tag 6: Bonus: Ponti Tibetani-Trail: Rif. Forni (2178m) – Rif. Branca (2493m) – Forni-Gletscher-Weg (2520m) – Rif. Forni (2178m) – Rifugio Pizzini (2706m) – Passo Zebrú (3000m) – Rifugio Campo (2000m) – Bormio, Hotel Baita Clementi (1220m)

Wechselnde Bewölkung. Wetter soll halten, daher starten Christoph, Martin und Imke etwas früher, um vor der eigentlichen Etappe noch die Ponti-Tibetani-Runde zu fahren. Zunächst Richtung Pizzini-Hütte, dann zweigt Weg über einen Fluss Richtung Gletscher zum Rif. Branca ab. Mit etwas Schieben und Tragen erreichen wir das Rif. Branca. Über zwei Hängebrücken kommen wir zu den besonderen, vom Gletscher abgeschliffenen Felspassagen. Bei den noch nassen Bedingungen wollen wir den Grip nicht übermäßig austesten und schieben lieber. Hier sind wir nicht die einzigen Besucher, aber es ist auch Samstag. Den Abstecher zum Gletscher lassen wir weg. Dann Abfahrt über wässrige, teils überschwemmte Trails zum Rif. Forni. Dort noch der Versuch, Imkes zählaufende Reverb-Sattelstütze durch Aufpumpen gängiger zu machen, ohne wesentliche Verbesserung. Abfahrt um 12 Uhr Richtung Passo Zebrú. Uwe ist schon vorausgefahren. Mittag in der Pizzinihütte mit Pasta Ragú. Die letzten 300 Höhenmeter hauptsächlich Schieben / Tragen zum Passo Zebrú. Zwar weitgehend bewölkt und entsprechend frisch, ist die Aussicht auf gut 3000 Metern trotzdem beeindruckend. Abfahrt in feinem Schotter zuerst gut möglich, dann leichte Kletterstellen mit Seilversicherung bergab. Später etwas schwierige Flussquerung mit abrutschenden Hängen. Wanderweg meist fahrbar mit kleineren Schiebestücken. Kaffee und Kuchen am Rif. Campo. Schotterweg weiter. Einige Trails mit Gegenanstiegen im Bormio-Gebiet, schön durch Lärchenwald, für MTB ausgeschildert. Auf Trails hinab nach Bormio. Eis-Essen (endlich!) in der Altstadt. Abends ist bei einem schönen Weinfest die komplette Stadt auf den Beinen. In der ganzen Altstadt wird Wein ausgeschenkt und Musik gespielt. Zwar sehr verlockend, aber wir entscheiden uns gegen den Erwerb eines All-you-can-drink-Tickets und genießen das tolle Ambiente mit gemäßigterem Getränkekonsum.

Daten: 1570 Hm, 39 km, 2500 Tm (Fahrzeit 5:18 h, unterwegs 8:42 h)

Tag 7: Bormio (1220m) – Lago di Cancano (1900m) – Malga Pedenolo (2400m) – Bocchetta Pedenolo (2704m) – Bocchetta di Forcola (2768m) – Umbrailpass (2500m) – Dreisprachenspitze, Rif. Garibaldi (2845m)

Vor Abfahrt Bikepflege im gut ausgestatteten Bikekeller des Hotels. Von Bormio über Mautstraßen-Auffahrt (Passo Cancano) zum Lago di Cancano. Frühes Mittagessen um 11:15 Uhr innen im Rif. Solena, da letzte Einkehrmöglichkeit. Ab hier kennen wir die Strecke schon von der Joe-Route, allerdings in anderer Richtung. Weitere Auffahrt zur Malga Pedenolo, meist gut fahrbar durch extrem viele, von unten kaum sichtbare Kehren in der Bergwand. Dort Päuschen, wir dürfen einen Weidewechsel der Kühe über unseren Weg beobachten. Strecke verläuft weiter auf typisch flachem Dynamite-Trail durch eine weitere Steilflanke zur Bocchetta Pedenolo. Zwischenabfahrt und steilerer Anstieg (schiebend) zur Bocchetta di Forcola. Schöne Abfahrt entlang des Hanges zum Umbrailpass, wo wir die Grenze zur Schweiz überfahren. Aufstieg nochmal in vielen Serpentinen zur Dreisprachenspitze, hauptsächlich schiebend. Schon verlassen wir die Schweiz wieder. Nach Ankunft und Duschen im Rif. Garibaldi, Spaziergang zum Stilfser Joch – dort der übliche Rummel. Abends im Rifugio ein mehrgängiges, leckeres Menü mit Kalter Platte, Tortellini, Kalbsfleisch, Schokopudding und einer Flasche Wein. Turmzimmer in exponierter Lage mit Bad, Dusche und Heizung. Mittlerweile ganz gut akklimatisiert, schläft es sich in der Höhe schon ganz passabel.

Daten: 2170 Hm, 40 km, 590 Tm (Fahrzeit 5:07 h, unterwegs 6:46 h)

  

Tag 8: Dreisprachenspitze (2845m) – Einstieg Goldseetrail – Bimbamtrail – Trafoi (1520m) – Furkelhütte (2155m) – Stilfser Alm (2200m) – Lichtenbergscharte – Prad (900m)

Aufbruch gegen 8:30 Uhr auf Goldseetrail. Gut fahrbar bis Abzweig Bimbam-Trail. Hier Abstimmung, ob zur Furkelhütte per Goldseetrail komplett oder per Abfahrt Bimbam-Trail plus Lift von Trafoi aus. Wir nehmen den Bimbam-Trail. Oben etwas holperig, fast alles für uns fahrbar, weiter unten im Wald schöner. Überraschung an Seilbahn in Trafoi: drei Tage außer Betrieb wegen Wartung der benachbarten Stromleitung. Also noch eine Auffahrt. Zuerst über Silfser Joch Straße, dann Schotter-Skipiste zur Furkelhütte. Nochmal viel Schieben. Frühes Mittagessen in Furkelhütte mit tollem Ortlerblick. Etwas anstrengend zur Stilfser Alm, immer wieder Anstiege. Gemeinsam weiter zur Scharte mit schönen Trails und Abfahrten. Uwe und Martin fahren direkt runter nach Stilfs zum Hotel (in Prad hatten wir keine passende Unterkunft mehr buchen können). Christoph und Imke fahren weiter über sehr schöne Trails und ein Waldbrandgebiet nach Prad, um den Bus zu holen. In Stilfs ist noch Zeit für Ankunftsbier und Eiskaffee auf der Hotelterasse und einer Spa-Nutzung. Nach dem feudalen Abendessen kleiner Nachtspaziergang mit Bergwerk-Museum.

Daten: 1040 Hm, 32 km, 2860 Tm (Fahrzeit 3:36 h, unterwegs 5:50 h)

Daten gesamt: 14 460 Hm, 333 km, 15440 Tm