Mitte Januar war es endlich wieder mal so weit: Alle Zeichen für die Höhlentour in den Lamprechtsofen standen auf grün. Die letzten vier geplanten Touren mussten Jutta und Stefan Uhl wegen ungeeigneter Wetterverhältnisse kurzfristig absagen. Denn die Höhle ist sehr wetterabhängig. Nur bei anhaltend kaltem Winterwetter ohne drohende Warmwetterzone kann man von unten in den Lamprechtsofen einfahren.

Der Lamprechtsofen kann sehr gefährlich werden

Die Höhle liegt in einem großen Gebirgszug in der Nähe von Lofer im Salzburger Land. Sie ist eine Durchgangshöhle mit über 60 Kilometern Länge und einer Tiefe von mehr als 1700 Höhenmetern. Laut Färbeversuchen dauert es nur 45 Minuten bis das Wasser vom oberen Eingang bis in die unteren Etagen kommt und dort, wenn die Wassermassen größer sind als die Wasserwege abtransportieren können, die Siphons schließen. In diesem Fall ist man in der Höhle eingeschlossen.

Objektschutz vor Menschenschutz

Um diese Gefahr kontrollierbar zu machen, hatten Forscher früher einen Wassersensor eingebaut, der über eine Antenne die Wasserstandsdaten regelmäßig an die Erdoberfläche sandt, um diese dann direkt über eine Website abrufbar zu machen. Der Sensor musste aber wieder zurückgebaut werden. Die Behörden waren der Meinung, dass in die Höhle als Naturschutzobjekt nicht einfach so etwas eingebaut werden darf. Also Objektschutz vor Menschenschutz.

Nun waren die Witterungsverhältnisse aber gut, die Gefahr überschaubar. Also fand sich eine Gruppe Erlanger Höhlenforscher um 10 Uhr in voller Montur zur Lagebesprechung vor dem Höhleneingang ein.

Voraussetzung: Klettersteigerfahrung

Ziel der Tour war das Sandbiwak. Dies ist eine Raumerweiterung, die man nach etwa 3,5 Kilometern und über 300 Höhenmeter über den unteren Eingang der Höhle erreicht. Um in dieser Höhle Forschungstouren durchführen zu können, wurden die ersten Kilometer so weit ausgebaut, dass man zügig und ohne Gefahr freier Kletterstellen einfach und ohne größere Kraftanstrengungen in die Tiefe der Höhle einfahren kann. Diese Sicherungen bestehen aus klettersteigähnlich ausgebauten Seilstrecken, wobei auch bis zu 20 Meter lange Aluleitern schwierigere Kletterstellen entschärfen. Als Voraussetzungen für die Tour muss man eher Klettersteiggeher als Höhlenforscher sein.

Alle Teilnehmer*innen agieren eigenverantwortlich

Die Seilstrecken sind meist mehr als zehn Meter lang.  An manchen Stellen kann man bis zu 20 Meter unter sich das Wasser fließen sehen. Um diese Einbauten nicht überzubelasten, wurde uns gesagt, dass pro Seilstück nur immer ein*e Forscher*in unterwegs sein darf. Somit mussten alle Teilnehmer*innen der Tour diese Schwierigkeiten eigenständig überwinden können (s. auch Gemeinschaftstour). Eine Hilfestellung ist an diesen Stellen absolut nicht möglich.

Eine Höhle voller Wasser

Ursprünglich wurde die Höhle bis zum Lamprechtsdom von Höhlentauchern erforscht. Denn auf den ersten Kilometern führt der Höhlenbach an sehr vielen Stellen in Röhren, die komplett mit Wasser gefüllt sind. Erst nach Entdeckung der ersten großen Hallen wurde über geschlagenen Stollen und ausgebauten Kletterstellen ein Weg ohne Tauchausrüstung in die hinteren Teile der Höhle ermöglicht. Das Wasser hat sich über viele Jahrtausende immer tiefer in den Berg gegraben. So kann man meist in alten Gängen hoch über dem Wasser die Siphons überklettern. Es ist ein stetiges Auf und Ab.

Beeindruckene Höhlenlandschaft

Der Lamprechtsdom ist dann auch eine der größten Hallen im vorderen Bereich der Höhle. Über den Weg durch die Halle, die über 100 Meter ansteigt, gelangt man wieder in wasserführende Gänge. Unter der Halle befindet sich einer der beeindruckendsten Wasserfälle der Höhle, der Schleierfall mit annähernd 60 Meter direkter Fallhöhe.

Generell ist es im Lambrechtsofen nicht wie in den meisten anderen Höhlen still und ruhig. “Hier ist fortwähend das Rauschen des Wassers zu hören. Mal leise grumelnd, mal laut und tosend”, berichtet Jutta Uhl. Manche beruhigt das Geräusch, die meisten macht es jedoch eher unsicher, denn man ist sich immer die Nähe des Wassers bewusst.

Seilbrücken und eine See

Über viele Seilstrecken kommt man schließlich zum „Bootshafen“: Von hier aus können sich die Höhlenforscher*innen auf einem Floß über einen ca. 20 Meter langen Höhlensee ziehen. Der Ausstieg geht gleich wieder ins Seil. Hier sind nun mehrere sehr lange Seilstrecken knapp einen Meter über dem Wasser gespannt. Durch zwei Handseile und ein Sicherungsseil sind diese Seilbrücken zwar eine sichere, aber doch sehr wackelige Angelegenheit. “Hier ging bei einer früheren Tour ein Kollege mal ins Wasser und durfte viele Meter im kalten Höhlenbach schwimmen”, erinnert sich Stefan Uhl. Ein Ereignis, dass sich besser nicht wiederholt…

Die nächsten 100 Höhenmeter müssen fast an einem Stück geklettert werden, was die Truppe letztendlich sehr verschwitzt im Sandbiwak ankommen ließ – trotz der gerade mal vier Grad Luft- und Wassertemperatur. Eine Rast sowie eine Sedimentprobe für die Analyse in der Uni Hamburg später machte sich die Gruppe auf den Rückweg.

Nasse Füße und eine glückliche Rückkehr

In einigen Bereichen war der Wasserstand höher, als auf dem Hinweg – aber Neoprensocken halten auch nasse Füße warm: “Anfangs gibt das schon immer einen kleinen Kälteschock, wenn das Wasser in die Gummistiefel schwappt. Aber nach einigen Metern hat man sich daran gewöhnt”, meint Stefan schmunzelnd. Die meisten fänden es besser als langwierige, unschöne und langsame Kletteraktionen, nur um den Kontakt mit dem Wasser zu vermeiden.

Am Ende konnten einige gar nicht genug bekommen vom Höhlenwasser und machten noch einen Ausflug zu den beeindruckenden Wasserfällen.

Als um 18:30 Uhr wieder alle beim Höhleneingang waren, ging es verausgabt und glücklich zum gemeinsamen Abendessen in einem Gasthof am nahegelegenen Campingplatz.

Bewegte Bilder sagen oft mehr…

… einfach im Vollbildmodus öffnen ;-)

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Text: Jutta und Stefan Uhl
Fotos: Victoria Petrenko, Christian Zilch, Izabela Swierzy, Stefan Uhl
Videos:
Izabela Swierzy, Victoria Petrenko